Steueroptimierte Vermögensnachfolge durch ein „Supervermächtnis“ – wie kann das funktionieren? In diesem Beitrag geben wir Einblicke in die rechtlichen Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten, die wir durch passgenaue Beratung in der Praxis für Sie umsetzen können.
Inhalt
Grundsatz: Persönliche Errichtung der letztwilligen Verfügung, § 2065 BGB
Jede letztwillige Verfügung, sei es ein Testament oder ein Erbvertrag, muss der Erblasser nach dem Gesetz persönlich errichten. Man kann sich also bei der Errichtung des Testaments nicht von einer anderen Person vertreten lassen und muss die wesentlichen Entscheidungen darüber, wer z.B. Erbe sein soll, selbst treffen.
Ein Erblasser könnte zum Beispiel in seinem Testament nicht eines seiner Kinder oder den Testamentsvollstrecker dazu ermächtigen, in seinem Namen den oder die Erben einzusetzen.
Dies ergibt sich aus §§ 2064, 2065 Abs. 2 BGB und wird als das „Verbot der Dritt- oder Fremdbestimmung“ bezeichnet. § 2065 Abs. 2 bestimmt wörtlich: „Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll… nicht einem anderen überlassen.“
Dieses strikte Verbot wird vom Gesetz teilweise allerdings erheblich modifiziert und abgemildert, es enthält insbesondere im Hinblick auf Vermächtnisse eine ganze Reihe an Ausnahmetatbeständen.
Ausnahmen vom Drittbestimmungsverbot bei Vermächtnissen
Bei einem Vermächtnis handelt es sich um eine irgendwie geartete gegenständlich bestimmte Zuwendung des Erblassers an den Vermächtnisnehmer.
Der Vermächtnisnehmer erhält einen Rechtsanspruch gegen den oder die Erben auf Überlassung des vermachten Gegenstandes. Ein solcher Gegenstand kann beispielsweise eine Münz- oder Briefmarkensammlung sein, eine Immobilie, ein Geldbetrag oder auch ein Gesellschaftsanteil oder ein Wohnungsrecht.
Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis
Als Erbe tritt man automatisch im Zeitpunkt des Erbfalles (=Tod des Erblassers) in die Rechtsposition des Erblassers ein. Dies nennt sich „Universalsukzession“, § 1922 BGB.
Anders als ein Erbe erwirbt der Vermächtnisnehmer an dem Vermächtnis jedoch nicht automatisch mit dem Erbfall das Eigentum oder die sonstige eigentumsähnliche Berechtigung. Vielmehr muss der Erbe den Vermächtnisanspruch erst noch erfüllen und den Vermächtnisgegenstand dem Vermächtnisnehmer rechtwirksam übereignen oder übertragen. Die Umsetzung des Vermächtnisses muss also durch einen gesonderten Vermächtniserfüllungsvertrag zwischen dem Erben und dem Vermächtnisnehmer erfolgen.
Aufgrund dieses strukturellen Unterschiedes ist es nach dem Gesetz auch zulässig, von dem „Verbot der Dritt- oder Fremdbestimmung“ gemäß § 2065 BGB abzuweichen. Das Gesetz enthält insoweit Ausnahmetatbestände. Diese ermöglichen beispielsweise, dass eine andere Person als der Erblasser die Entscheidung darüber trifft, wer aus einem bestimmten Personenkreis das vom Erblasser bestimmte Vermächtnis erhält (§ 2151 Abs. 1 BGB) oder welchen Anteil jede Person aus einem bestimmten Personenkreis an einem Vermächtnis erhält (§ 2153 Abs. 1 BGB).
Möglich ist auch, dass der Erblasser testamentarisch nur eine Zweckbestimmung für ein Vermächtnis verfügt und sodann einem Dritten die Art und Weise der Vermächtniserfüllung zur Erreichung dieses Zwecks „nach billigem Ermessen“ überlässt, § 2156 BGB. Diese andere entscheidungsbefugte Person kann natürlich auch der Erbe selbst sein.
Das „Supervermächtnis“ als Kombination der gesetzlichen Wahlmöglichkeiten
Die skizzierten Möglichkeiten, dem Erben eigenen Entscheidungsspielraum über die Art des Vermächtnisses sowie die bedachte Person zu gewähren, können auch miteinander kombiniert werden. Dies ist zulässig, solange der Erblasser zumindest den Rahmen vorgibt, in dem sich die eigenen Entscheidungsbefugnisse des Erben bewegen.
Interessanterweise ist die zivilrechtliche Wirksamkeit der Kombination der gesetzlichen Wahlmöglichkeiten bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ausdrücklich thematisiert worden.
Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 16.8.2018 15 – W 256/18) hält allerdings die Kombination von Wahlmöglichkeiten zur testamentarischen Schaffung eines „Supervermächtnisses“ für zulässig und bestätigt damit die herrschende Gestaltungspraxis.
Und wozu das alles? Steuerungsmöglichkeiten bei der Erbschaftsteuer
Natürlich hat die Kombination von Wahlmöglichkeiten im Zusammenhang mit erblasserseitig bestimmten Vermächtnissen erhebliche praktische Relevanz – vor allem für die Erbschaftsteuer. In aller Regel weiß der Erblasser nicht, welches Vermögen er hinterlassen wird. Damit ist ebenfalls unklar, ob und ggfs. in welcher Höhe Erbschaftsteuer entstehen wird.
Berliner Testament!
Im Fall eines Berliner Testaments wird der längerlebende Ehegatte zunächst Alleinerbe, die Kinder erben in aller Regel als Schlusserben erst nach dem Ableben des längerlebenden Ehegatten. Übersteigt nun der dem Ehegatten als Alleinerbe hinterlasse Nachlass die erbschaftsteuerlichen Freibeträge, fällt unweigerlich Erbschaftsteuer an. Hier kann ein Supervermächtnis für den Alleinerben Gestaltungsraum eröffnen.
Durch ein entsprechendes Supervermächtnis könnte der Alleinerbe Teile des Nachlasses als Vermächtnisse des erstverstorbenen Erblassers an die Schlusserben – die gemeinsamen Kinder – weitergeben. Er könnte die konkrete betragsmäßige Höhe und – je nach Testamentsformulierung – auch die Fälligkeit der Vermächtnisse insbesondere unter Berücksichtigung seines konkreten eigenen Versorgungsbedarfs bestimmen. Diese Vermächtnisse wären als Nachlassverbindlichkeiten bei dem Alleinerben einerseits steuermindernd zu berücksichtigen und würden andererseits aufgrund der hohen Freibeträge der Schlusserben bei diesen keine Besteuerung auslösen. Hierdurch können sich ganz erhebliche Steuervorteile ergeben.
Fazit zur steueroptimierten Vermögensnachfolge durch ein „Supervermächtnis“
bow legal Rechtsanwälte berät in der Gestaltungspraxis regelmäßig Mandantinnen und Mandanten in Bezug auf die erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten durch „Supervermächtnisse“, um insbesondere alle erbschaftsteuerlichen Möglichkeiten im Erbfall zu bewahren. Derartige Gestaltungen können insbesondere in Patchworkfamilien sinnvolle Ergänzungen des Testaments darstellen.