Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht bei bow legal.
Inhalt
Schwarzgeld im Nachlass: Handlungspflichten der Erben!
Stellen Erben fest, dass sich Schwarzgeld im Nachlass befindet, sich der Erblasser also nicht steuerehrlich verhalten und Steuern hinterzogen hat, müssen sie handeln.
Diese Verpflichtung folgt aus § 153 Abgabenordnung (AO), wonach „unverzüglich (…) die erforderliche Richtigstellung“ gegenüber dem zuständigen Finanzamt vorzunehmen ist.
Verhalten sich die Erben gesetzeskonform und legen sie die Steuerversäumnisse des Erblassers durch entsprechende steuerliche Nacherklärungen offen, führen diese „Richtigstellungen“ mitunter zu erheblichen Steuernachforderungen des Fiskus auch für lange zurückliegende Veranlagungszeiträume.
Steuerliche Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung des Erblassers: 10 Jahre
Denn gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die so genannte Festsetzungsfrist im Fall einer Steuerhinterziehung 10 Jahre.
Das Gesetz passt also die steuerrechtliche Verjährungsfrist, die eigentlich 4 Jahre beträgt, an die strafrechtliche Verjährungsfrist von 10 Jahren an.
Dies bedeutet, dass das Finanzamt bei Steuerhinterziehungen bis zu 10 Jahre in die Vergangenheit Steuernachforderungen erheben kann, vgl. hierzu im Einzelnen § 170 AO. Derartige Nachforderungen sind naturgemäß teuer und schmälern den Nachlass in aller Regel erheblich.
Schwarzgeld im Nachlass: Eigene Strafbarkeit der Erben nur bei unterlassener Berichtigung
Kommen die Erben ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Offenbarung von Steuerstraftaten des Erblassers nach (§ 153 AO) und ermöglichen so die nachträgliche Steuerveranlagung, ist ihnen in strafrechtlicher Hinsicht selbstverständlich nichts vorzuwerfen. Für die Steuerhinterziehung des Erblassers sind sie nicht verantwortlich. Sie müssen natürlich die nachträglich zu erhebenden Steuern des Erblassers zahlen.
Unterlassen die Erben jedoch die gesetzlich gebotene Berichtigung unvollständiger oder unrichtiger Steuererklärungen des Erblassers oder holen sie unterlassene Steuererklärungen des Erblassers nicht nach, machen sie sich selbst strafbar.
Das weitere Problem: Erheblich verlängerte Festsetzungsfristen und Steuernachforderungen über Jahrzehnte
Zusätzlich zu dieser eigenen Strafbarkeit müssen sich Erben vergegenwärtigen, dass durch ihre eigenen steuerlichen Versäumnisse die 10-jährige Festsetzungsverjährungsfrist für die Steuern des Erblassers ganz erheblich verlängert wird. Rechtstechnisch tritt eine Hemmung der Verjährungsfrist (Ablaufhemmung) gemäß § 171 Abs. 7 AO für die Festsetzung der vom Erblasser hinterzogenen Steuern ein, wenn Erben pflichtwidrig die falschen oder unterlassenen Steuererklärungen des Erblassers oder der Erblasserin nicht berichtigen oder nachholen. Hierüber hatte der BFH zu entscheiden.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 21. Juni 2022, VIII R 26/19
In diesem Fall ging es – in aller Kürze – um die oben geschilderte Situation, dass nämlich die Erben die jahrzehntelang vom Erblasser verheimlichen zusätzlichen Einkünfte aus einer Stiftung – Kapitalerträge – auch nicht unverzüglich nach deren Entdeckung dem Finanzamt offenbarten und die entsprechenden Steuererklärungen nachholten. Konkret ging es um Steuerhinterziehungen des Erblassers ab dem Jahr 1995, der Erbfall trat 2007 ein, im Dezember 2014 erstatteten die Erben eine steuerliche Selbstanzeige, die zu geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre ab 1995 am 31.12.2016 führten.
In Bezug auf die Verjährungsfristen stellte das Finanzgericht fest, dass die 10-jährige Festsetzungsfrist für 1995 aufgrund der Abgabe der Steuererklärung für 1995 im Jahr 1997 sodann im Jahr des Erbfalles 2007 noch nicht abgelaufen war. Das Finanzgericht nahm ferner an, dass die Steuerstraftat der Erben – Unterlassung der Berichtigungserklärungen, die die Erben nach dem Erbfall im Jahr 2007 hätten abgeben müssen – erstens gemäß § 171 Abs. 7 AO den Ablauf der Steuerfestsetzungsverjährung im Hinblick auf diese Tat der Erben hemmt und zweitens ergänzend auch den Ablauf der Verjährungsfristen für alle Steuerhinterziehungen des Erblassers hemmt.
Mit der Erstreckung der Ablaufhemmung auf die Steuernachforderungen aufgrund der Taten des Erblassers hatten die Erben nun nicht gerechnet. Der Bundesfinanzhof – wie bereits das Finanzgericht München – begründet diese extensive Auslegung des § 171 Abs. 7 AO mit dessen Zweck der „Sicherstellung des Gleichlaufes zwischen Straf- und Steuerverjährung“.
Gerade auch im Fall der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund des Erbfalles und bei eigenen nachlassbezogenen Steuerstraftaten der Erben müsse sichergestellt werden, dass sich strafrechtliche und steuerrechtliche Verjährung entsprechen.
Unsere Empfehlung bei Schwarzgeld im Nachlass
Im Ergebnis ist allen Erben zu raten, ihren Verpflichtungen im Hinblick auf etwaige Steuerverfehlungen des Erblassers so wie gesetzlich vorgesehen unbedingt nachzukommen. Die im Fall der Versäumung der Berichtigungspflicht neben der eigenen Strafbarkeit drohende Hemmung der Festsetzungsverjährung hat erhebliche Auswirkungen und kann zu jahrzehntelang in die Vergangenheit reichenden nachträglichen Steuerfestsetzungen führen.
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