Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht
Ab dem 1. Januar 2025 steigen die Abfindungen für weichende Erben durch die Grundsteuerreform deutlich an. Die neue Berechnung des Hofwertes führt zu höheren Kosten für Hofnachfolger. Diese Regelung hat weitreichende Konsequenzen für Landwirte, da der Hofwert künftig nicht mehr auf Basis des veralteten Einheitswertes, sondern des neuen Grundsteuerwertes berechnet wird.
Inhalt
Was ist der Hofwert und warum ist er wichtig?
Der Hofwert spielt im landwirtschaftlichen Erbrecht eine zentrale Rolle. In den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein regelt die sogenannte Nordwestdeutsche Höfeordnung (HöfeO), dass ein landwirtschaftlicher Betrieb nur an einen einzigen Erben übergehen soll – meist an denjenigen, der den Hof weiterführen kann und möchte. Dies soll eine Zerschlagung des Hofes verhindern und die wirtschaftliche Existenz des Betriebs sichern.
Damit die anderen Erben, die den Hof nicht übernehmen, dennoch eine Entschädigung erhalten, wird ihnen eine Abfindung in Geld gezahlt. Die Höhe dieser Abfindung bemisst sich nach dem Hofwert.
Hintergrund zur bisherigen Regelung
Bislang wurde der Hofwert anhand des 1,5-fachen Einheitswertes berechnet. Die Einheitswerte wurden jedoch seit 1964 nicht mehr aktualisiert und lagen oft weit unter dem tatsächlichen Marktwert der Höfe. Diese niedrigen Werte hatten den Vorteil, dass Abfindungen für die weichenden Erben relativ gering ausfielen. Dadurch wurde sichergestellt, dass der Hoferbe nicht finanziell überfordert wurde.
Beispiel:
Ein Hof hatte einen Einheitswert von 20.000 Euro. Der Hofwert wurde auf 30.000 Euro (1,5-facher Einheitswert) festgelegt. Die weichenden Erben mussten entsprechend auf Basis dieses niedrigen Wertes abgefunden werden.
Warum wurde die Regelung geändert?
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Verwendung der Einheitswerte für die Berechnung der Grundsteuer als verfassungswidrig. Der Grund: Die Einheitswerte berücksichtigten die tatsächlichen Vermögensverhältnisse und Marktwerte der Immobilien nicht mehr. Dies führte zu einer Ungleichbehandlung und verzerrte die steuerliche Belastung verschiedener Eigentümer.
Als Folge wurde die Grundsteuerreform eingeführt, die den veralteten Einheitswert durch den Grundsteuerwert ersetzt. Der Grundsteuerwert basiert auf aktuellen Marktwerten und spiegelt realistische wirtschaftliche Verhältnisse wider.
Konsequenzen für Landwirte:
Da der neue Grundsteuerwert in der Regel höher ist als der alte Einheitswert, steigt auch der Hofwert, und damit werden Abfindungen für weichende Erben teurer.
Beispiel:
Ein Hof, dessen Einheitswert bisher bei 20.000 Euro lag, hatte einen Hofwert von 30.000 Euro. Durch den neuen Grundsteuerwert von 100.000 Euro beträgt der Hofwert nun 60.000 Euro (60 Prozent des Grundsteuerwerts). Das bedeutet eine Verdopplung der Abfindungssumme für die übrigen Erben.
Wie wird der Hofwert ab 2025 berechnet?
Ab 2025 legt die Höfeordnung fest, dass der Hofwert 60 Prozent des neuen Grundsteuerwertes beträgt. Diese Anpassung soll den Nachteil ausgleichen, der durch die höheren Grundsteuerwerte entstehen könnte.
Berücksichtigte Faktoren:
Um die Belastung der Hoferben zu reduzieren, werden einige Besonderheiten in die Berechnung einbezogen:
- Pachtaufwendungen: Viele Landwirte bewirtschaften nicht nur eigene Flächen, sondern auch gepachtete Flächen. Diese zusätzlichen Kosten werden bei der Berechnung des Hofwertes berücksichtigt.
- Arbeitsleistungen von Angehörigen: Mitarbeitende Familienmitglieder leisten oft einen wesentlichen Beitrag zum Betriebserfolg. Dies wird bei der Festlegung des Hofwertes einbezogen.
- Wohngebäude: Gebäude, die nicht direkt für den landwirtschaftlichen Betrieb genutzt werden, wie Wohnhäuser, werden aus der Berechnung herausgenommen.
Mindestwerte für den Grundsteuerwert:
- Der Hofwert muss mindestens 54.000 Euro betragen, damit ein Betrieb unter die Regelungen der Höfeordnung fällt.
- Für kleinere Betriebe mit einem Grundsteuerwert zwischen 27.000 und 54.000 Euro kann ein Hofstatus durch eine Erklärung des Eigentümers und einen Hofvermerk im Grundbuch erlangt werden.
- Betriebe mit einem Grundsteuerwert unter 27.000 Euro gelten künftig nicht mehr als Höfe im Sinne der Höfeordnung.
Beispiel:
Ein kleiner Hof mit einem Grundsteuerwert von 20.000 Euro fällt ab 2025 nicht mehr unter die privilegierten Regelungen der Höfeordnung. Für die weichenden Erben können dann höhere Abfindungszahlungen erforderlich sein, weil der Hof wie ein gewöhnliches Vermögen behandelt wird.
Wie können Landwirte hohe Abfindungen vermeiden?
Die neuen Regelungen stellen Landwirte vor große Herausforderungen. Die höhere Berechnung des Hofwertes führt dazu, dass der Hoferbe bei der Abfindung der übrigen Erben stärker finanziell belastet wird. Insbesondere kleinere Betriebe könnten Schwierigkeiten haben, die Abfindungen zu finanzieren, ohne den Hof verkaufen oder verschulden zu müssen.
Beispiele für mögliche Belastungen:
- Ein Hofnachfolger muss künftig 50.000 Euro statt 20.000 Euro Abfindung zahlen. Dies könnte bei geringen Einkommen oder hohen Betriebskosten problematisch werden.
- Betriebe, die den Mindestwert von 54.000 Euro nicht erreichen, verlieren die Vorteile der Höfeordnung und können dadurch leichter zerschlagen werden.
Fazit: Rechtzeitig handeln und beraten lassen
Die Grundsteuerreform und die Änderungen der Höfeordnung machen die Vererbung von landwirtschaftlichen Betrieben komplexer und in vielen Fällen teurer. Landwirte sollten ihre Nachfolgeplanung frühzeitig überdenken und sich von Experten beraten lassen. Ein Rechtsanwalt oder ein Steuerberater kann helfen, die neuen Regelungen zu verstehen und individuelle Lösungen zu finden, um die Belastung für die Erben zu minimieren.Tipp:
Eine sorgfältige Planung, beispielsweise durch die Gründung einer Hofgesellschaft oder die Nutzung steuerlicher Vorteile, kann helfen, die finanziellen Folgen der neuen Regelung abzumildern.