Ein Beitrag von Finn R. Dethleff, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Bei der Hofübergabe können hohe Notar- und Grundbuchkosten anfallen – doch es gibt Sparmöglichkeiten. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg zeigt, wie wichtig es für Landwirte und ihre Familien ist, sich bei der Hofübergabe mit den Details des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) auseinanderzusetzen. Nur durch einen Rechtsstreit konnte ein Landwirt eine drohende Millionenschuld abwenden. Dieser Fall unterstreicht, wie entscheidend eine präzise rechtliche Beratung bei der Übergabe von landwirtschaftlichem Vermögen ist.
Inhalt
Auch Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) können vom sog. Kostenprivileg profitieren!
Was bedeutet das Kostenprivileg bei der Hofübergabe?
Bei der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebs genießen Landwirte in bestimmten Fällen ein sogenanntes Kostenprivileg. Dieses ist in § 48 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) geregelt. Es besagt, dass bei der Berechnung der Gebühren für Notare und Grundbuchämter nicht der Verkehrswert der Flächen als Grundlage genommen wird, sondern der deutlich niedrigere Einheitswert, multipliziert mit dem Faktor vier. Dieses Privileg gilt jedoch nur dann, wenn der Betrieb vom Übernehmer selbst bewirtschaftet wird. Kommt es hingegen zu einer Verpachtung der Flächen, entfällt diese Vergünstigung, und die Gebühren richten sich nach dem Verkehrswert – was zu erheblichen Mehrkosten führen kann.
Der Fall: Hofübergabe als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Eine Familie aus Niederbayern musste sich kürzlich mit genau diesem Problem auseinandersetzen. Die Mutter, die den landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam mit ihrem Sohn in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führte, entschied sich im Jahr 2021, ihren Anteil von 45 Prozent an den Sohn zu übertragen. Damit erhöhte sich der Anteil des Sohnes auf 95 Prozent, während die Mutter ihre Beteiligung auf 5 Prozent reduzierte. Diese war zudem auf eine Notgeschäftsführung beschränkt, falls dem Sohn etwas zustoßen sollte. Im Gesellschaftsvertrag war klar geregelt, dass der Sohn die alleinige Geschäftsführung und Vertretungsbefugnis der GbR innehat.
Das Grundbuchamt Straubing nahm den Eigentümerwechsel in das Grundbuch auf, stellte jedoch fest, dass der Betrieb nicht als Einzelunternehmen des Sohnes, sondern durch die GbR fortgeführt werde. Da die GbR eine eigene Rechtspersönlichkeit darstelle, sah das Grundbuchamt keine Fortführung des Hofs durch den Sohn. Statt des Einheitswerts setzte das Grundbuchamt den Verkehrswert als Grundlage für die Gebührenberechnung an und schätzte diesen auf 5,87 Millionen Euro. Die Gebühren für Notar und Grundbuchamt hätten sich somit erheblich erhöht.
Das Urteil: Oberlandesgericht gibt Landwirt recht
Der Sohn klagte daraufhin gegen den Ansatz des Verkehrswerts und argumentierte, dass er den Hof sehr wohl selbst fortführe, auch wenn dies in der Rechtsform einer GbR geschehe. Das Oberlandesgericht Nürnberg (Az.: 15 W 565/2) gab dem Sohn schließlich recht und entschied, dass das Kostenprivileg nach § 48 GNotKG hier Anwendung finde. Auch wenn die GbR eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt, sei es entscheidend, wer tatsächlich die Geschäfte führe. In diesem Fall war der Sohn alleiniger Geschäftsführer und führte die Geschäfte der Landwirtschaft. Die Mutter, die nur noch einen 5-prozentigen Anteil ohne Mitspracherecht hielt, war de facto eine stille Gesellschafterin.
Das Gericht stellte fest, dass die vollständige Kontrolle über die GbR durch den Sohn ausreiche, um das Kostenprivileg anzuwenden. Es wies das Grundbuchamt an, die Gebühren auf Grundlage des vierfachen Einheitswerts zu berechnen, was zu einer erheblichen Ersparnis führte. Dieses Urteil betont die Bedeutung der tatsächlichen Betriebsführung, auch wenn sie im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt.
Was bedeutet das Urteil für Landwirte?
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für landwirtschaftliche Betriebe, die in Gesellschaftsformen wie der GbR geführt werden. Es stellt klar, dass das Kostenprivileg nach § 48 GNotKG auch dann anwendbar ist, wenn der Betrieb durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortgeführt wird – vorausgesetzt, der Übernehmer hat die alleinige Kontrolle über die Geschäftsführung und Vertretung. Damit wird Landwirten, die ihre Betriebe in der Rechtsform einer GbR führen, ein erheblicher finanzieller Vorteil eingeräumt, sofern sie selbst die Betriebsführung übernehmen.
Grundbuchämter prüfen genauer
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass Grundbuchämter und Notare in den letzten Jahren immer genauer hinschauen, wenn es um die Anwendung des Kostenprivilegs geht. Insbesondere bei verpachteten Höfen wird verstärkt geprüft, ob der Übernehmer den Betrieb tatsächlich selbst fortführt oder ob es sich um eine reine Verpachtung handelt. Bei Verpachtungen an Dritte entfällt das Kostenprivileg, und die Gebühren werden nach dem Verkehrswert berechnet. Einige Grundbuchämter gehen sogar so weit, eine familieninterne Verpachtung mit einer Fremdverpachtung gleichzusetzen, was für Landwirte erhebliche Kosten nach sich ziehen kann.
Praktische Tipps für die Hofübergabe
- Genaues Prüfen der Gesellschaftsform: Wenn der landwirtschaftliche Betrieb in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführt wird, ist es entscheidend, dass der Übernehmer die alleinige Kontrolle über die Geschäftsführung hat. Dies sollte im Gesellschaftsvertrag klar festgelegt werden.
- Klare Abgrenzung bei Verpachtungen: Verpachtungen, ob an Dritte oder innerhalb der Familie, können das Kostenprivileg gefährden. Landwirte sollten daher genau prüfen, ob eine Verpachtung unvermeidbar ist und welche Auswirkungen diese auf die Gebührenberechnung haben kann.
- Rechtzeitige Beratung durch Fachanwälte: Da die Regelungen zur Hofübergabe komplex und oft von Einzelfallentscheidungen geprägt sind, ist es ratsam, frühzeitig einen spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. So können unerwartete Kostenfallen vermieden und die rechtlichen Rahmenbedingungen optimal gestaltet werden.
Bedeutung für zukünftige Fälle
Das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg dürfte wegweisend für künftige Fälle sein, in denen landwirtschaftliche Betriebe in Gesellschaftsformen übergeben werden. Es zeigt, dass es nicht allein auf die Rechtsform des Betriebs ankommt, sondern vielmehr darauf, wer tatsächlich die Betriebsführung übernimmt. Für viele Landwirte, die ihre Höfe in der Rechtsform einer GbR oder ähnlichen Gesellschaften führen, eröffnet dies die Möglichkeit, weiterhin von dem Kostenprivileg bei Notar- und Grundbuchgebühren zu profitieren.
Zudem hat der Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass eine Fortführung des Betriebs auch dann gegeben ist, wenn der übertragene Hof an den Ehepartner verpachtet wird. Diese Entscheidung unterstreicht, dass die individuelle Ausgestaltung der Betriebsfortführung maßgeblich ist und nicht zwingend durch die Verpachtung gefährdet wird.
Fazit: Rechtliche Beratung ist unverzichtbar
Die Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebs ist ein komplexer rechtlicher Vorgang, der zahlreiche Fallstricke bereithält. Das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg zeigt, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen, um nicht unnötig hohe Gebühren zu zahlen. Für Landwirte, die ihren Hof an die nächste Generation übergeben möchten, kann eine fundierte rechtliche Beratung erhebliche finanzielle Vorteile bringen.
Durch die korrekte Ausgestaltung der Gesellschaftsform und die genaue Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben können hohe Kosten vermieden und das Kostenprivileg in Anspruch genommen werden. Wer auf eine fachkundige Rechtsberatung verzichtet, läuft Gefahr, unnötig hohe Gebühren zu zahlen und damit finanzielle Nachteile zu erleiden.