Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht
Landwirte müssen sich nicht nur mit der täglichen Arbeit auf dem Feld und im Stall auseinandersetzen, sondern auch mit komplexen steuerlichen Regelungen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, landwirtschaftliche Tätigkeiten korrekt von gewerblichen Aktivitäten abzugrenzen, um unnötige Steuerlasten zu vermeiden. Ein aktuelleres Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt, dass die korrekte steuerliche Trennung von Betrieben entscheidend ist, um teure Steuerfallen zu umgehen.
Inhalt
Die Bedeutung der Gewerbesteuer für Landwirte
Landwirte, die neben ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit auch gewerbliche Aktivitäten ausüben, wie etwa den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten oder die Verarbeitung von Erzeugnissen, stehen häufig vor der Frage, wie diese Tätigkeiten steuerlich behandelt werden. Die Gewerbesteuer betrifft vor allem die Erträge aus gewerblichen Tätigkeiten. Sie wird dann fällig, wenn der Gewinn des Gewerbebetriebs bestimmte Freibeträge übersteigt.
Für Landwirte ist es wichtig zu wissen, dass ihre land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten in der Regel nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Sobald jedoch eine gewerbliche Tätigkeit hinzukommt, wie etwa die Eröffnung eines Hofladens oder einer Biogasanlage, kann dies steuerliche Konsequenzen haben.
Der Fall: Wenn Landwirtschaft und Gewerbe aufeinandertreffen
Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster vom 29. November 2023 (Az.: 13 K 986/21 G) verdeutlicht die Problematik, wenn mehrere Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt werden. In diesem Fall ging es um einen Unternehmer, der sowohl im Bereich des Baus und der Planung von Gewächshäusern tätig war, als auch einen Pflanzenzuchtbetrieb führte. Beide Tätigkeiten wurden vom Unternehmer zunächst als einheitlicher Betrieb betrachtet, und der Gewinn wurde in einem gemeinsamen Jahresabschluss ermittelt. Der Verlust des Pflanzenzuchtbetriebs sollte den Gewinn des Bauunternehmens mindern, was zu einer niedrigeren Gewerbesteuerlast geführt hätte.
Das Finanzamt sah dies jedoch anders und entschied, dass es sich um zwei getrennte Betriebe handelt – einen Gewerbebetrieb (Bau und Planung von Gewächshäusern) und eine landwirtschaftliche Tätigkeit (Pflanzenzucht). Die Pflanzenzucht wurde von der Gewerbesteuer befreit, während für den Bau- und Planungsbereich höhere Steuermessbeträge festgesetzt wurden. Der Unternehmer klagte, doch das Finanzgericht gab dem Finanzamt recht: Die beiden Tätigkeiten müssen getrennt behandelt werden.
Gewerbesteuer: Wann ist ein Betrieb ein Betrieb?
Eine der zentralen Fragen für die Besteuerung von Betrieben ist, ob mehrere Tätigkeiten als einheitlicher Betrieb oder als separate Betriebe zu betrachten sind. Maßgeblich ist dabei die sogenannte Gleichartigkeit der Tätigkeiten. Diese bestimmt, ob die verschiedenen Tätigkeiten so eng miteinander verknüpft sind, dass sie als ein einheitlicher Betrieb gewertet werden können.
- Gleichartige Tätigkeiten: Tätigkeiten, die miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig fördern oder ergänzen, werden in der Regel als ein Betrieb betrachtet. Hierunter fallen beispielsweise die landwirtschaftliche Produktion und der Verkauf der erzeugten Produkte im eigenen Hofladen.
- Ungleichartige Tätigkeiten: Tätigkeiten, die keine oder nur geringe Zusammenhänge aufweisen, gelten in der Regel als separate Betriebe. Dazu gehören etwa die gleichzeitige Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs und eines Maschinenhandels.
Kriterien zur Bestimmung der Gleichartigkeit
Ob es sich bei mehreren Tätigkeiten um einen oder mehrere Betriebe handelt, ist keine einfache Ja-Nein-Frage. Vielmehr handelt es sich um eine Abwägung anhand von objektiven Kriterien. Diese umfassen unter anderem:
- Betriebsstätten: Haben die verschiedenen Tätigkeiten getrennte Standorte oder werden sie am selben Ort ausgeführt?
- Geschäftsleitung: Wird der Betrieb von derselben Person geleitet, oder gibt es unterschiedliche Verantwortliche für die einzelnen Bereiche?
- Arbeitnehmerschaft: Nutzen beide Betriebe die gleichen Mitarbeiter, oder gibt es getrennte Belegschaften?
- Organisation und Finanzierung: Werden die Tätigkeiten gemeinsam organisiert und finanziert, oder gibt es eine strikte Trennung der Finanzflüsse?
Diese Kriterien entscheiden darüber, ob mehrere Tätigkeiten als einheitlicher Betrieb oder als separate Betriebe angesehen werden. Für Landwirte bedeutet das, dass jede gewerbliche Tätigkeit, die neben der Landwirtschaft betrieben wird, genau geprüft werden muss.
Wann Gewerbebetrieb und Landwirtschaft als einheitlich gelten
In manchen Fällen können Gewerbebetrieb und Landwirtschaft auch als einheitlicher Betrieb betrachtet werden, wenn ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Dies ist jedoch selten der Fall. Ein Beispiel könnte der Betrieb einer Biogasanlage sein, die ausschließlich mit den landwirtschaftlichen Abfällen des eigenen Hofs betrieben wird. In solchen Fällen besteht ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang, der es möglich macht, die Tätigkeiten als einen Betrieb zu behandeln.
Steuerliche Konsequenzen bei getrennten Betrieben
Das Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt deutlich, welche finanziellen Folgen die Trennung von Betrieben haben kann. Im vorliegenden Fall führte die Trennung der beiden Tätigkeiten dazu, dass der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb nicht mehr durch die Verluste aus der Pflanzenzucht gemindert werden konnte. Dadurch stieg die Gewerbesteuerlast des Bau- und Planungsbetriebs erheblich an. Hätte der Unternehmer die Tätigkeiten von vornherein korrekt getrennt, wäre es gar nicht erst zu einer so hohen Steuerbelastung gekommen.
Was Landwirte beachten müssen!
Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten Landwirte, die sowohl landwirtschaftliche als auch gewerbliche Tätigkeiten ausüben, folgende Punkte beachten:
- Trennung der Buchführung: Es ist ratsam, von Anfang an eine getrennte Buchführung für die verschiedenen Tätigkeiten zu führen. Dadurch kann genau nachvollzogen werden, welche Erträge und Aufwendungen auf die einzelnen Betriebe entfallen.
- Genaue Prüfung der Zusammenhänge: Vor Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit sollten Landwirte prüfen, ob diese eng mit ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit verknüpft ist oder als separater Betrieb betrachtet werden muss. Hier kann eine professionelle Steuerberatung helfen.
- Vorsicht bei Betriebsprüfungen: Betriebsprüfungen können dazu führen, dass das Finanzamt Betriebe rückwirkend trennt und Steuermessbeträge anpasst. Eine klare Trennung von Anfang an kann dies verhindern.
- Berücksichtigung der Gewerbesteuerfreibeträge: Für gewerbliche Tätigkeiten gibt es Freibeträge, die von der Gewerbesteuer befreit sind. Diese sollten optimal genutzt werden.
Fazit: Saubere Trennung schützt vor Steuerüberraschungen
Das Urteil des Finanzgerichts Münster verdeutlicht, wie wichtig es für Landwirte ist, gewerbliche und landwirtschaftliche Tätigkeiten steuerlich korrekt zu trennen. Andernfalls drohen im schlimmsten Fall hohe Steuernachzahlungen. Landwirte, die in mehreren Bereichen tätig sind, sollten daher frühzeitig eine steuerliche Beratung in Anspruch nehmen, um ihre Steuerlast zu optimieren und böse Überraschungen zu vermeiden.
Für Landwirte, die ihre landwirtschaftlichen Tätigkeiten erweitern wollen – sei es durch die Verarbeitung ihrer Produkte oder durch andere gewerbliche Tätigkeiten – ist es essenziell, die steuerlichen Auswirkungen im Blick zu behalten. Eine professionelle steuerliche Beratung kann dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die steuerliche Belastung gering zu halten.