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Steuerfreie Übertragung des Familienheims: Ist dies auch bei Schenkung an eine Familiengesellschaft möglich?

Kann man das Familienheim steuerfrei an eine Familiengesellschaft verschenken? Der Fall der Schmidts zeigt, wie eng Steuerrecht und Familienstrategie miteinander verflochten sind – mit überraschendem Urteil.

Auf einen Blick

Immobilienübertragung clever gestalten:
  • Familiengesellschaften bieten steuerliche Vorteile bei der Nachfolgeplanung.
  • Das Finanzgericht München erkennt die Steuerbefreiung auch bei Schenkung an eine eGbR an.
  • Urteil vom 21.06.2023 ist noch nicht rechtskräftig (Az. II R 18/23 beim BFH anhängig).
Tipp: Nutzen Sie juristische Beratung, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden.

Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht bei bow legal

Immobilien in Familienbesitz werden nicht selten durch vermögensverwaltende Familienpersonengesellschaften gehalten. Dass derartige Gesellschaften („Familienpools“) im Zusammenhang mit der Vermögensnachfolgeplanung ganz erhebliche Vorteile insbesondere steuerlicher Natur aufweisen, ist bekannt.

Das gilt auch dann, wenn das von der Elterngeneration eigengenutzte Familienheim in eine solche Gesellschaft eingebracht wird.

In der Finanzrechtsprechung war bislang ungeklärt, ob bei der Übertragung des Familienheims von einem der Ehepartner in das Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der beide Ehepartner beteiligt sind, die Schenkungsteuerbefreiung gemäß § 13 Abs. Abs. 1 Ziffer 4. a) Satz 1 ErbStG greift.

Das Finanzgericht München bejaht dies zu Gunsten der Steuerpflichtigen, über die Revision bei dem Bundesfinanzhof (Az. II R 18/23) liegt noch keine Entscheidung vor.

Die Entscheidung des Finanzgerichts hat weitreichende positive Konsequenzen für die Vermögensnachfolgegestaltung durch Errichtung von Familiengesellschaften.

Worum geht es genau?

Schenkungsteuer: Dieses Prinzip gilt grundsätzlich bei Vermögensübertragung auf Familiengesellschaften

Bei der Übertragung von Vermögen auf eine Personengesellschaft tritt der schenkungsteuerpflichtige Erwerb bei deren Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile an der Gesellschaft ein („schenkungsteuerliche Transparenz“).

Dieses anerkannte Prinzip gilt auch nach Reform des Personengesellschaftsrechts zum 01.01.2024 durch das „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)“ vom 10.08.2021 fort, wie der zum 01.01.2024 neu eingefügte § 2a ErbStG (Artikel 28 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22. Dezember 2023, BGBl. 2023 I Nr. 411) bestimmt:

§ 2a Rechtsfähige Personengesellschaft

Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Bei einem Erwerb nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Erwerber. Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende.

Übertragung der Immobilie durch Schenkung an eine Familienpersonengesellschaft

Dazu ein Beispiel:

Die Eheleute Schmidt errichten eine eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR), um das Immobilienvermögen im Familienbesitz zu halten und zu verwalten. Sie halten Gesellschaftsanteile in Höhe von jeweils 50%.

(a.) Herr Schmidt bringt ein in seinem Alleineigentum stehendes vermietetes Geschäftshaus im Wert von EUR 1 Mio. in die Gesellschaft ein.

(b.) Das Familienheim, das Frau und Herr Schmidt gemeinsam bewohnen und das Frau Schmidt als Alleineigentümerin gehört, hat einen Wert von EUR 3 Mio. Frau Schmidt bringt dieses ebenfalls in die Gesellschaft ein.

Zu (a.): Durch die Übertragung des Zinshauses von Herrn Schmidt auf die Gesellschaft vollzieht sich zu Gunsten von Frau Schmidt ein schenkungsteuerpflichtiger Erwerb in Höhe von EUR 500.000. Denn Frau Schmidt ist zu 50% an der eGbR beteiligt, gemäß § 2a Satz 2 ErbStG erwirbt sie 50% des schenkungsteuerrelevanten Wertes des Zinshauses, §§ 1 Abs. 1 Ziffer 2., 7 Abs. 1 Ziffer 1., 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Aufgrund ihres Freibetrages in Höhe von EUR 500.000, § 16 Abs. 1 Ziffer 1. ErbStG, bleibt dieser Vorgang aber schenkungsteuerfrei.

Zu (b.): Gemäß dieser gesetzlichen Grundsätze tritt durch die Übertragung des Familienheims von Frau Schmidt auf die Familiengesellschaft ein schenkungsteuerpflichtiger Erwerb bei Herrn Schmidt in Bezug auf 50% des Wertes des Familienheimes ein, also in Höhe von EUR 1,5 Mio. Dieser Erwerb überschreitet den Freibetrag von Herrn Schmidt um EUR 1 Mio.; insoweit fällt Schenkungsteuer an.

Aber: Für die Schenkung des Familienheimes durch den einen Ehepartner an den anderen sieht § 13 Abs. 1 Ziffer 4. a) ErbStG eine vollumfängliche Steuerbefreiung vor:

Steuerfrei bleiben

4a.        Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem … bebauten Grundstück … verschafft, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim), …

Natürlich gehen Frau und Herr Schmidt davon aus, dass auch die Übertragung des Familienheims an die Familiengesellschaft steuerfrei ist.

Umso größer die Verwunderung und der Ärger, als den Schmidts der Schenkungsteuerbescheid des zuständigen Finanzamtes ins Haus flattert: Es wurde eine Schenkungsteuer in Höhe von EUR 190.000 aufgrund der Übertragung des Familienheimes festgesetzt.

Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Schmidts Klage vor dem Finanzgericht München und beantragten dort die ersatzlose Aufhebung des Schenkungsteuerbescheides.

Das Urteil des Finanzgerichts München vom 21.06.2023, 4 K 1639/21: Ja zur Steuerbefreiung

Die Entscheidung des Finanzgerichts München ist klar und präzise: Der Steuerbefreiungstatbestand des § 13 Abs. 1 Ziffer 4. a) ErbStG sieht die Steuerbefreiung dann vor, wenn „Eigentum oder Miteigentum… an einem bebauten Grundstück“ übertragen wird. Unter den Begriff des „Eigentums“ fällt nach dem Finanzgericht München auch das so genannte „Gesamthandseigentum“ einer Personengesellschaft.

Wenn also von einem Gesellschafter eine Übertragung einer Immobilie in das Gesamthandseigentum einer Personengesellschaft erfolgt, dann erwirbt der andere Gesellschafter das so genannte Gesamthandseigentum an der Immobilie in Höhe seiner jeweiligen Beteiligungsquote. Das reicht aus – so das Finanzgericht München -, um den Steuerbefreiungstatbestand des § 13 Abs. 1 Ziffer 4. a) ErbStG zu erfüllen, weshalb der zu Unrecht ergangene Schenkungsteuerbescheid aufzuheben war.

Fazit zur Frage: „Kann das Familienheim steuerfrei auf eine Familiengesellschaft übertragen werden?“

Das Finanzgericht München hat unseres Erachtens richtig entschieden: Es kann für die Schenkungsteuer (und wohl auch für die Erbschaftsteuer) keinen Unterscheid machen, ob ein Ehepartner dem anderen Ehepartner direkt einen Miteigentumsanteil an dem Familienheim schenkt oder ob das Familienheim in eine ausschließlich aus beiden Ehepartnern bestehende Familienpersonengesellschaft eingebracht wird.

Vorsicht: Keine Rechtskraft des Urteils des Finanzgerichts München

Die Entscheidung des Finanzgerichts München ist noch nicht rechtskräftig, das Revisionsverfahren ist bei dem Bundesfinanzhof anhängig (Az. II R 18/23).

Dass sich der Bundesfinanzhof der Rechtsauffassung des Finanzgericht München anschließen wird, ist wahrscheinlich, aber keineswegs garantiert. Um die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung bei Schenkung des Familienheimes nicht zu gefährden, sollte die Übertragung des Familienheimes zwischenzeitlich nur direkt durch Übertragung des Miteigentums erfolgen. Unsere erfahrenen Anwältinnen und Anwälte für Steuer- und Erbrecht in Berlin, Hamburg und München stehen Ihnen gern für Ihre qualifizierte Beratung bei der Schenkung und Übertragung von Vermögen zur Verfügung. 


Haben Sie weitere Fragen oder möchten Sie sich individuell beraten und professionell vertreten lassen?

Unsere Anwältinnen und Anwälte für Steuerrecht in Hamburg, Berlin und München stehen Ihnen gern zur Verfügung!

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