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Erbengemeinschaft: Entstehung und Haftung der Miterben für Nachlassverbindlichkeiten

Rechtsinformationen von Anwälten für Erbrecht

Automatische Entstehung einer Erbengemeinschaft

Die Erbengemeinschaft entsteht automatisch

Sobald der Erbfall (also der Tod des Erblassers) eintritt, werden alle Erben automatisch zu Miteigentümern und Mitinhabern des gesamten Eigentums und Vermögens des Erblassers – und natürlich auch zu (Mit)Schuldnern aller seiner Verbindlichkeiten. Hierfür bedarf es keiner gesonderten Vereinbarung, die Erbengemeinschaft entsteht automatisch von Gesetzes wegen. § 2032 Abs. 1 BGB bestimmt wörtlich:

„Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben.“

Die Erbengemeinschaft ist rechtlich eine „Gesamthandsgemeinschaft“

Eine Erbengemeinschaft ist eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft, in der mehrere Personen Erben des Verstorbenen (Erblasser) werden, sei es durch Erbeinsetzung mehrerer Personen in einem Testament oder Erbvertrag oder aufgrund der gesetzlichen Erbfolge.

Mit anderen Worten: Allen Miterbinnen und Miterben gehört der gesamte Nachlass gemeinsam – und sie haften für die Schulden des Erblassers als so genannte Gesamtschuldner.

Haftung in der Erbengemeinschaft

Haftung der Miterben – Gesamtschuldnerprinzip und Nachlassverbindlichkeiten

Nach § 2058 BGB haften die Mitglieder einer Erbengemeinschaft als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass jeder Miterbe grundsätzlich für die gesamten Schulden des Nachlasses einstehen muss, und zwar nicht nur anteilig, sondern für die gesamte Verbindlichkeit.

Gläubiger können sich demnach an jeden beliebigen Miterben wenden, um ihre gesamte Forderung geltend zu machen. Bezahlt sodann der in Anspruch genommene Miterbe die Verbindlichkeit, hat er gegen die anderen Miterben einen Rechtsanspruch auf (anteilige) Erstattung inne („Gesamtschuldnerausgleich“, § 426 BGB). 

Nachlassverbindlichkeiten – Welche Schulden zählen dazu? 

Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören sämtliche Schulden, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hatte, sowie Verbindlichkeiten, die aufgrund des Erbfalls entstehen. Hierzu zählen unter anderem: 

  • Vom Erblasser hinterlassene Kredite, Darlehen und offene Rechnungen
  • Alle Steuerverbindlichkeiten, die zu Lebzeiten des Erblassers entstanden sind (z.B. Einkommensteuer)
  • Bestattungskosten und andere Beerdigungsauslagen (§ 1968 BGB) 
  • Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen (§§ 2147 ff. BGB)

Haftungsumfang und persönliche Haftung der Miterben 

Der Grundsatz lautet, dass die Erben – damit auch jeder einzelne Miterbe – mit ihrem gesamten Privatvermögen für Nachlassverbindlichkeiten haften. Diese unbeschränkte Haftung ist ein zentrales Merkmal des deutschen Erbrechts. Allerdings ist diese nicht unumstößlich: Erben haben die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, um zu verhindern, dass sie über das ererbte Vermögen hinaus haften und am Ende gar ihr eigenes Vermögen einsetzen müssen. Solche Haftungsbeschränkungen können jedoch nur bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft geltend gemacht werden.

Haftungsbeschränkung der Miterben

Haftungsbeschränkungen vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft 

Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist der rechtliche und tatsächliche Vorgang, bei dem die gemeinschaftlich geerbten Vermögenswerte aufgeteilt und damit die Erbengemeinschaft aufgelöst wird. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Miterben die Möglichkeit, ihre Haftung durch bestimmte Maßnahmen zu beschränken:

  • Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB): Hierbei bestellt das Nachlassgericht auf Antrag einen Nachlassverwalter. Dieser sorgt dafür, dass Gläubiger nur auf den Nachlass zugreifen können, nicht aber auf das Privatvermögen der Erben. 
  • Nachlassinsolvenz (§§ 1980 ff. BGB): Ist der Nachlass überschuldet, kann die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt werden, um eine geordnete Abwicklung zu gewährleisten. Auch hier gilt, dass dann nur der Nachlass für die Schulden herangezogen wird. Die Nachlassinsolvenz betrifft nur den Nachlass und nicht das Privatvermögen der Erben.
  • Ausschlagung (§§ 1942 ff. BGB): Ein Miterbe kann die Erbschaft auch ausschlagen, um so jeglicher Haftung zu entgehen. Die Ausschlagung muss allerdings innerhalb der gesetzlichen Ausschlagungsfrist erfolgen, die lediglich 6 Wochen beträgt.

Der Haftungsbeschränkungsvorbehalt im gerichtlichen Verfahren gemäß § 780 ZPO

Kommt es vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme eines einzelnen Miterben durch einen Nachlassgläubiger, hat dieser Miterbe die Möglichkeit, die sogenannte Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu erheben. Diese prozessuale Einwendung dient dazu, seine persönliche Haftung auf den Nachlass zu begrenzen und damit sein Privatvermögen vor einem uneingeschränkten Zugriff der Gläubiger zu schützen.

Die Grundlage dafür findet sich nicht nur in den erbrechtlichen Bestimmungen (§§ 2012 ff. BGB), sondern auch in der Zivilprozessordnung. Nach § 780 ZPO hat das Gericht, wenn der Erbe die Beschränkung seiner Haftung ordnungsgemäß geltend macht, im Urteil den Vorbehalt aufzunehmen, dass die Vollstreckung aus dem Urteil nur in den Nachlass erfolgen darf. Dadurch wird der vollstreckbare Titel so ausgestaltet, dass der Gläubiger nicht ohne weiteres auf das persönliche Vermögen des Erben zugreifen kann. Damit ist sichergestellt, dass der Nachlassgläubiger lediglich auf das Erbe, nicht jedoch auf das Privatvermögen des Miterben zugreifen kann.

Wichtig ist dabei, dass der Miterbe unter Mitwirkung seines Anwalts oder seiner Anwältin für Erbrecht die Einrede rechtzeitig im Gerichtsverfahren erhebt – in der Regel bereits in erster Instanz. Unterlässt ein Miterbe dies, kann er später die Beschränkung seiner Erbenhaftung nicht mehr mit der gleichen Wirksamkeit durchsetzen.

Sicherheit durch spezialisierte Erbrechtsberatung

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, sobald mehrere Personen Erben sind (§ 2032 BGB). Alle Miterben sind gesamthänderisch berechtigt und verpflichtet, den Nachlass gemeinsam zu verwalten, über ihn zu verfügen und letztlich abzuwickeln (§§ 2032 ff. BGB). Miterben haften im Grundsatz gemeinsam und unbeschränkt für die Schulden des Erblassers. Solange die Erbengemeinschaft besteht und der Nachlass noch nicht auseinandergesetzt ist, besteht die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

Durch Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz oder den Haftungsbeschränkungsvorbehalt gemäß § 780 ZPO lässt sich das persönliche Vermögen schützen. Wer rechtzeitig handelt, schützt sich effektiv vor unkontrollierten finanziellen Belastungen und kann so die wirtschaftlichen Konsequenzen einer Erbschaft besser einschätzen und steuern. Da diese Situation juristisch komplex und in aller Regel konfliktanfällig ist, empfiehlt es sich, frühzeitig juristischen Rat einzuholen.

Als Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Erbrecht unterstützen wie Sie gern dabei, Ihre Rechte und Interessen als Erbe oder Erbin bestmöglich wahrzunehmen und zu einer einvernehmlichen, zügigen Auflösung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB) zu gelangen.


Kontaktieren Sie uns gern mit Ihrer Mandatsanfrage telefonisch, per E-Mail oder durch das untenstehende Kontaktformular.

Vertrauen Sie unserer gemeinsamen jahrzehntelangen praktischen Erfahrung als Rechtsanwälte für Erbrecht und bei der Vertretung und Beratung von Erben, Erbengemeinschaften und Miterben.


FAQ Erbengemeinschaft und Haftung

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch immer dann, wenn mehrere Personen einen Erblasser oder eine Erblasserin beerben. Die Erbfolge kann dabei auf entsprechender testamentarischer Anordnung oder auf der gesetzlichen Erbfolge beruhen.

Ja. Im deutschen Erbrecht gilt der Grundsatz der Universalsukzession. Das bedeutet, dass der Erbe oder die Erben in die rechtlichen „Fußstapfen“ des Erblassers treten und seine Rechtsnachfolger werden. Die Erben treten also automatisch in alle Rechts- und Vertragspositionen des Erblassers ein. Schuldete der Erblasser jemandem Geld z.B. aufgrund eines Darlehensvertrages, dann schulden nunmehr die Erben als seine unmittelbaren Rechtsnachfolger dem Gläubiger das Geld.

Ja. Die Haftung für alle Nachlassverbindlichkeiten trifft Erben und Erbinnen unabhängig, ob sie von den Verbindlichkeiten und Schulden des Erblassers wussten.

Es gibt in dieser Situation verschiedene Möglichkeiten. Denkbar wäre z.B., die Erbschaftsannahme anzufechten und so im Nachhinein zu einer Ausschlagung zu gelangen, auch der Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens kann vor der Haftung für die Schulden das Nachlasses schützen. Die qualifizierte Beratung durch einen Anwalt oder eine Anwältin für Erbrecht ist in dieser Situation unabdingbar.

Die laufenden Angelegenheiten der Erbengemeinschaft unterliegen nach dem Gesetz der so genannten „gemeinschaftlichen Verwaltung“, § 2038 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass jede Erbin und jeder Erbe an jeder Rechtshandlung für die Erbengemeinschaft zu beteiligen ist, so zum Beispiel an der Vermietung der Nachlassimmobilie. Mitunter ist sinnvoll, einzelnen Miterben für bestimmte Angelegenheiten Vollmachten zu erteilen, um die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft zu gewährleisten.

Wenn Sie mit Plänen oder Vorhaben der anderen Miterben in Bezug auf den Nachlass nicht einverstanden sind, können Sie einen Beschluss der Erbengemeinschaft über die geplante Maßnahme herbeiführen, also eine Abstimmung. Entscheidend für das Gewicht der jeweiligen Stimme ist die jeweilige Erbquote. Es gilt bei allen Maßnahmen der laufenden Verwaltung grundsätzlich das Mehrheitsprinzip. Beschlüsse der Erbengemeinschaft können auch gerichtlich angefochten werden.

Obwohl im Gesetz steht, dass jeder Miterbe und jede Miterbin einen Anspruch auf „Auseinandersetzung“ der Erbengemeinschaft hat, § 2042 Abs. 1 BGB, ist die Umsetzung dieses Anspruches rechtlich anspruchsvoll und alles andere als einfach. Empfehlenswert ist immer, mit allen MiterbInnen eine einvernehmliche Lösung zu finden. Eine zwangsweise Nachlassauseinandersetzung durch Auseinandersetzungsklage ist in der Praxis bestenfalls bei sehr einfach strukturierten Nachlassvermögen möglich, ansonsten so gut wie unmöglich.

Ralph Butenberg, LL.M.

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