Ein Beitrag von Sybill Offergeld, Fachanwältin für Familienrecht
Warum die Liebe doch einen Vertrag braucht!
Ab dem Moment, in dem Landwirte heiraten, stehen sie vor der Frage: Welcher Güterstand passt am besten zu ihrer Situation? Wenn Sie als Landwirt den Fortbestand Ihres Hofes absichern möchten, ist es ratsam, sich frühzeitig mit den möglichen Güterständen und den Vorteilen eines Ehevertrags auseinanderzusetzen. Ob Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder ein modifierter Güterstand– ein individueller Ehevertrag schützt sowohl das Betriebsvermögen und wahrt die Interessen beider Ehepartner.
Inhalt
Was passiert ohne Ehevertrag? Die Zugewinngemeinschaft
Ohne Ehevertrag tritt das Paar mit Heirat automatisch in die Zugewinngemeinschaft ein: Das bedeutet, dass das Vermögen der Ehepartner während der Ehe getrennt bleibt. Jeder behält, was er oder sie in die Ehe eingebracht oder während der Ehe erworben hat. Doch im Falle einer Scheidung kommt es zu einem Zugewinnausgleich: Der Ehepartner mit dem größeren Vermögenszuwachs während der Ehe schuldet dem anderen Ehegatten einen Ausgleich in Geld.
Diese Regelung klingt erst einmal fair. Doch besonders in der Landwirtschaft, wo Betriebe oft über Generationen hinweg geführt und vererbt werden, kann das schwerwiegende Folgen haben.
Der Zugewinnausgleich: Was Landwirte wissen sollten
Im Falle einer Scheidung wird bei der Zugewinngemeinschaft das Anfangsvermögen (das Vermögen bei der Heirat) mit dem Endvermögen (dem Vermögen zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrag) verglichen. Der Vermögenszuwachs während der Ehe, der sogenannte Zugewinn, muss wertmäßig ausgeglichen werden.
Für Landwirte ist dabei wichtig zu wissen, dass Schenkungen, Erbschaften oder der an den Übernehmer übergebene Betrieb dem Anfangsvermögen zugerechnet werden So soll verhindert werden, dass der andere Ehegatte an unentgeltlichen Zuwendungen teilhat. Doch Vorsicht: Der Betrieb an sich fällt damit zwar nicht in den Zugewinn, wohl aber eine mögliche Wertsteigerung.
Wenn es zu einer Werterhöhung gekommen ist, muss diese im Rahmen des Zugewinns ausgeglichen werden. Oft fehlen dafür aber die Mittel und so gerät der Betrieb in Gefahr..
Ehevertrag: Schutz für Hof und Familie
Um die oft unvorteilhaften Konsequenzen der Zugewinngemeinschaft für Landwirte zu vermeiden, ist ein Ehevertrag ratsam. Dieser kann den Güterstand individuell regeln und somit verhindern, dass im Falle einer Scheidung der landwirtschaftliche Betrieb oder das persönliche Vermögen in Mitleidenschaft gezogen wird.
Der Ehevertrag lässt sich gestalten: Es gibt die Möglichkeit, auf einen Zugewinnausgleich zu verzichten oder diesen zugunsten des einheiratenden Ehepartners anzupassen.
Beispielsweise kann der Ehevertrag festlegen, dass der Zugewinnausgleich auf das nicht-landwirtschaftliche Vermögen beschränkt wird. Eine weitere Option ist, Abfindungen oder regelmäßige Zahlungen an den Ehepartner zu vereinbaren, anstatt den Zugewinn direkt vom Betriebsvermögen abhängig zu machen. Auf diese Weise kann der Hof in der Familie bleiben, ohne dass der einheiratende Ehepartner bei einer Trennung leer ausgeht.
Besonderheiten bei der Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe
Schon bei den Bewertungsfragen entsteht oft Streit. Wenn es zur Berechnung des Zugewinns kommt, wird eine Bilanz erstellt – alle Posten im Anfangsvermögen und im Endvermögen werden bewertet. Ob der Ertragswert oder der Verkehrswert herangezogen wird, entscheidet (auch) der Gutachter.
Oft wird der Ertragswert herangezogen. Dies ist beispielsweise in Bayern der 18-fache jährliche Nettoreinertrag des Betriebs. Der Ertragswert gibt an, wie viel der Betrieb wirtschaftlich abwerfen kann. Doch dieser Wert liegt oft deutlich unter dem Verkehrswert, was insbesondere im Falle einer Scheidung zu Streit führen kann.
Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen der Ertragswert nicht zur Anwendung kommt, wie etwa bei Kiesausbeuteflächen, Bauland oder wenn der Betrieb als reines Immobilienobjekt dient. Auch bei Flächen, die zugekauft wurden, und nicht der Erhaltung des Betriebs dienen, kann der Ertragswert unberücksichtigt bleiben.
Fazit: Frühzeitig handeln und den passenden Güterstand wählen
Die Zugewinngemeinschaft mag auf den ersten Blick praktisch wirken, birgt jedoch gerade für Landwirte Risiken, die den Fortbestand des Hofs gefährden können. Ein individuell abgestimmter Ehevertrag bietet hier eine maßgeschneiderte Lösung, um sowohl den Betrieb als auch beide Ehepartner im Falle einer Scheidung abzusichern.
Landwirte sollten daher bereits vor der Hochzeit überlegen, welcher Güterstand am besten zu ihrer Situation passt. Ein Gespräch mit einem Fachanwalt oder einem Steuerberater kann dabei helfen, die langfristigen Konsequenzen der verschiedenen Güterstände zu verstehen und rechtzeitig die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.